Sexualität – ein Thema in der Schule? 

von Hannah Pütz (MSS 11) 


Auch wenn man oft denkt, dass Aufklärung heutzutage ganz normal ist, werden diese Stunden im Biologieunterricht oft einfach weggelassen oder den Schüler*innen nur Erklärvideos dazu gezeigt, um bloß nicht darüber reden zu müssen. Aufklärung über  Homo- und Transsexualität? Fast undenkbar. Gute Aufklärung ist immer noch eher selten an Schulen. Das meiste wird zwar toleriert, jedoch wird nicht dafür gesorgt, generell mehr Bewusstsein zu schaffen. Ich spreche mit einem Biologielehrer unserer Schule, Herrn Zundel, darüber:

(Wikimedia Commons)

„Denken Sie, dass wenn man im Unterricht nicht über Homosexualität spricht, weil man darüber nicht reden möchte oder weil man generell nicht über Sexualität spricht?“ Herr Zundel: „Ich denke schon, dass man heute das Thema der Homosexualität anspricht, aber das ist immer noch ein kleines Randthema. Es ist immer noch ein Thema, mit dem, glaube ich, einige Lehrerkräfte noch „Berührungsängste“ haben. Ich glaube, es ist noch ein sehr langer Weg, bis die Gesellschaft noch viel toleranter wird, und das fängt natürlich in der Schule an.“

Wunsch nach offenerem Umgang mit dem Thema

Diese Meinung teilen die meisten. Auch wenn sich einige mehr dafür einsetzen und begeistern als andere, würden sich laut Umfragen sowohl Schüler aus höheren als auch niedrigeren Klassen offeneren Unterricht und generell Umgang mit dem Thema Sexualität und Aufklärung in der Schule wünschen. Denn dies beinhaltet ja nicht nur Homo-und Transsexualität — auch über den eigenen Körper, Selbstbefriedigung, Emotionen und sexuelle Belästigung sowie Missbrauch wird kaum gesprochen. Doch woran liegt das? Ich spreche auch mit Frau Bitzer, die sich im Rahmen ihrer Masterarbeit mit dem Thema Sexualität beschäftigt hat. Sie hat dazu verschiedene Unterrichtsstunden gehalten und heraus kam, dass viele Kinder bzw. Jugendliche dem Thema gegenüber viel offener waren als erwartet.

„Es interessiert die Kinder, sie wollen das wissen. Und es ist ja doch so, dass man mit den Eltern nicht drüber reden möchte.“

Da kommen wir der Frage nach der Ursache für diese Scham ja schon etwas näher. Es gäbe einige Lehrkräfte, die große Scham hätten, da sie sich selbst unwohl in dem Themenbereich fühlten. Auch das kann man wieder auf etwas zurückführen. Denn das Elternhaus hat einen immensen Einfluss auf Kinder und hier wird schon früh gezeigt, dass es ein Thema ist, welches in unserer Gesellschaft eher totgeschwiegen wird. Erschreckenderweise klären Eltern ihre Kinder wenig bis gar nicht auf (dies ergab eine Umfrage in den Klassenstufen 5, 7 und 9, nach der nur ca. 20-30% der Schüler*innen vom Elternhaus zu der Thematik informiert wurden). Doch auch die wenigsten gaben an, sich hinreichend von der Schule aufgeklärt zu fühlen. Ca. 65% der Schüler*innen würde sich einen offeneren bzw. anderen Unterricht wünschen. Denn das Gespräch ist gewollt. 

Fehlende Ansprechpartner*innen

Während des Interviews mit Herrn Zundel ergab sich schockierender Weise, dass einige Schülerinnen, mit denen er ins Gespräch kam, unter sexueller Belästigung leiden mussten. Darüber sprachen sie mit ihm aber eigentlich ganz offen. Dies könnten sie mit ihren Eltern allerdings nicht, da als Grund aus der Sichtweise der Eltern oft Social Media bzw. die Smartphones gesehen werden. Da man als Jugendliche*r also (in den meisten Fällen) weder mit den Eltern noch in der Schule darüber reden kann und es auch unter den Teenagern selbst, besonders unter Jungen, eine große Scham gibt, über Sexualität zu sprechen, werden die meisten Informationen aus dem Internet oder Social Media besorgt. Dies stellt ein großes Problem dar, da dort einige falsche Eindrücke vermittelt und falsche Informationen verbreitet werden können. Auch wenn den meisten nur unbewusst klar ist, dass so ihre Sichtweise verzerrt bzw. beeinflusst wird, ist es definitiv so, dass Social Media einen großen Einfluss hat. Besonders die Social Media-Plattform TikTok wurde während der Interviews und Umfragen mehrfach herausgehoben.

„Wenn ich jetzt irgendwas wissen wollte, würde ich immer zuerst ins Internet gucken. Nicht weil es peinlich ist, aber es ist komisch, jemand zu fragen. Und so sollte es halt eigentlich nicht sein.“  Und damit trifft die interviewte Schülerin der siebten Klasse den Nagel auf den Kopf. Es sollte normalisiert werden, offen darüber sprechen zu können. Aber wenn die meisten diese Ansicht teilen, warum ist es dann trotzdem noch so ein unausgesprochenes Thema?

Homo- und Transphobie im Schulalltag?

Auch wenn es laut Lehrkräften nicht unbedingt an Homo- und Transphobie liegt, gaben mehrere der Schüler*innen im Einzelgespräch an, Homo- und Transphobie im (Schul-)Alltag zu erfahren oder mitzubekommen. Nur ca. 45-60% wussten überhaupt grob, was LGBTQIA+ ist und oft gebe es zu dem Thema auch große Diskussionen bzw. immer noch feindliche Bemerkungen. Und auch hier war die Meinung relativ einstimmig, dass nur Aufklärung und offeneres Verhalten eine Veränderung bringen würden. 

Doch hier wurde auch ein positiver Aspekt von Social Media angesprochen. Auch in einer neunten Klasse stellte ich die Frage nach der Bedeutung und dem Einfluss von Social Media. Hier wurde das Ganze aber eher als „positiver Druck“ bezeichnet. Dadurch, dass das Thema mehr in die Öffentlichkeit gestellt werde, würden mehr Menschen darauf aufmerksam werden. Natürlich sei ein offener Umgang im echten Leben weitaus besser, doch könne so immerhin Aufmerksamkeit geschaffen werden. 

Abschließend kann man sagen, dass noch viel getan werden muss, der Wille jedoch da ist, etwas zu verändern. Dies können wir am besten, indem wir in unserem Alltag etwas bewirken, was dann vielleicht einen Einfluss auf unsere Gesellschaft haben könnte und zukünftigen Generationen einiges erleichtern würde.